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Osteopathische Behandlung des Daumens
A1 Über Osteopathie

ÜBER OSTEOPATHIE

Die Therapieform verstehen

Zitat

Osteopathie ist eine Wissenschaft Osteopathie ist eine Kunst
Osteopathie ist eine Philosophie

A.T. Still

Die Osteopathie ist eine medizinische Behandlungsmethode, die den Körper in seiner Gesamtheit betrachtet. Untersuchung und Behandlung erfolgen mit den Händen.

Funktionsstörungen der Gelenke, Muskeln, Organe usw. werden erspürt und mit speziellen Techniken behandelt, um die Selbstregulation und Heilung des Körpers zu fördern und Beschwerden dadurch ursächlich aufzulösen.

Für mich sind es weniger die Behandlungstechniken, die die Osteopathie ausmachen, sondern vielmehr die zugrunde liegenden Prinzipien (s. u.) und das Menschenbild, mit dem der/die Patient*in betrachtet wird. Erst wenn diese Aspekte berücksichtigt werden, kann von Osteopathie im eigentlichen Sinne gesprochen werden.

Die Grundlage der Osteopathie bilden medizinische und naturwissenschaftliche Gebiete wie Anatomie, Embryologie, Biomechanik usw. Diese ermöglichen ein tiefgehendes Verständnis für die Zusammenhänge im menschlichen Körper und bilden die Basis für osteopathische Betrachtungsweisen.

Seit der Begründung der Osteopathie vor ca. 140 Jahren haben sich viele Strömungen entwickelt und es gibt zahlreiche Versuche, die Osteopathie zu beschreiben.
Für den osteopathischen Ansatz, den ich verfolge, sind folgende Aspekte relevant:

Anatomie

Die Anatomie nimmt in der Osteopathie eine herausragende Rolle ein. Von ihr ausgehend können sowohl die physiologische Funktionsweise des Körpers als auch eventuelle Dysfunktionen verstanden werden.
Sie ist die Basis für jegliche therapeutische Betrachtung und Behandlungstechnik und hilft, sich im Körper orientieren zu können.

Struktur und Funktion

Jede Struktur (Knochen, Muskeln, Organe, ...) lenkt die Funktion und jede Funktion formt die Struktur. "Use it or lose it" beschreibt das Prinzip gut: Bei Nichtbeanspruchung der Muskulatur (Struktur) kommt es zu ihrem Abbau und zur Einschränkung von Kraft (Funktion).
Eine Funktionsstörung ist die eingeschränkte Bewegung einer Struktur. Durch die Behandlung der Struktur wird sich auch ihre Funktion verändern.

Arbeiten im Rhythmus des Patienten

Da die Osteopathie mit Kräften arbeitet, die im Patientenkörper vorhanden sind, ist es wichtig, in dem Tempo zu arbeiten, das dieser vorgibt.
Als Therapeut kann ich das Tempo der Behandlung nur wenig beeinflussen, da es kontraproduktiv ist, den Körper zu etwas zu drängen. Es wird in der Geschwindigkeit behandelt, in der der Patientenkörper Impulse wahrnehmen und integrieren kann. Das kann schnell gehen, aber auch einige Zeit dauern.

Selbstheilungskräfte & Selbstregulation

In jedem Menschen sind Selbstheilungskräfte und Mechanismen zur Selbstregulation vorhanden. Sie stellen ein wichtiges Merkmal von Gesundheit dar.
Prellungen, Entzündungen oder Schmerzen nach Überbelastung heilen meist von selbst ab, ohne dass hierfür eine Behandlung nötig ist – der Körper reguliert sich selbst.
Erst wenn diese Mechanismen nicht ausreichen, wird Unterstützung von außen notwendig, die dem Körper dabei hilft, den
ins Stocken geratenen Selbstheilungsprozess wieder fortzuführen.

Ganzheitliche Betrachtungsweise

Die Ganzheitlichkeit umfasst mehrere Aspekte:

​1. Der Körper wird als ein in sich verbundenes System betrachtet, in dem es zu Wechselwirkungen zwischen Organen, Muskeln, Faszien, Gefäßen usw. kommen kann. Diese Wechselwirkungen entstehen z.B. durch räumliche Nähe zueinander, fasziale Verbindungen, eine gemeinsame Innervation (Nervenversorgung) oder eine eingenommene Schonhaltung.

2. Körper und Geist beeinflussen sich gegenseitig und werden als Einheit betrachtet. In diesem Verständnis wird untersucht und behandelt.

Osteopathische Dysfunktion

Aus osteopathischer Sicht sind Dysfunktionen Lösungsansätze des Körpers, mit unliebsamen Situationen (Verletzungen, Überbelastungen...) umzugehen.
Der Körper ist intelligent und kreiert diese Dysfunktionen um sich zu schützen bzw. den Organismus am Leben zu erhalten.

Dementsprechend nähere ich mich den  Dysfunktionen feinfühlig und respektvoll, da diese dem Körper eventuell als Stütze dienen und nützliche Funktionen einnehmen können. Mit den Händen nehme ich Kontakt mit der Dysfunktion auf und versuche, dem Körper alternative Lösungsansätze anzubieten.

Verbindung von Körper und Geist

Der Geist drückt sich über den Körper aus.

Viele körperliche Symptome können nur dann verstanden werden, wenn auch der Geist/die Psyche in die Überlegungen mit einbezogen wird.

Geistige Haltungen können sich in körperlichen Spannungen widerspiegeln. Zum Beispiel kann eine Verspannung im Bereich des Kehlkopfes mit Problemen beim Artikulieren zusammenhängen, ein verspannter Nacken als Folge von Stress entstehen oder ein ängstlicher Zustand eine Spannung im Brustkorb erzeugen.

In diesen Fällen kann eine osteopathische Behandlung ergänzend helfen, jedoch kann die Ursache nicht osteopathisch behandelt werden, da sie im psychischen Bereich liegt.

Konzept der funktionellen Störung

Bei einer funktionellen Störung liegt kein körperlicher Schaden vor, der mit klassischen Diagnoseverfahren der Schulmedizin, wie Röntgen, MRT oder Blutbild erfasst werden könnte. Dennoch kann sie mit starken Symptomen einhergehen.

Wenn zum Beispiel das Kiefergelenk betroffen ist, kann es zu Verspannungen der Kaumuskeln kommen, wodurch das Kauen schmerzhaft wird. Eine organische Ursache lässt sich jedoch nicht feststellen.
Wenn funktionelle Störungen über lange Zeit nicht behandelt werden, können sie sich zu strukturellen Störungen entwickeln, wie z. B. zu einer Arthrose des Kiefergelenks.

Der/Die Osteopath*in kann subtile Spannungen im Gewebe erspüren und behandeln. Das "Positive" an diesen Störungen ist, dass aufgrund des nicht vorhandenen  Gewebeschadens gute Chancen bestehen, die Beschwerden zu lindern oder ganz zu beheben.

Gerade weil funktionelle Störungen nicht durch die Diagnosemöglichkeiten der Schulmedizin erfasst werden können und daher auch nur schwer zu behandeln sind, kann die Osteopathie die Schulmedizin hier gut ergänzen und diese Lücke in der gesundheitlichen Versorgung schließen.

Vegetatives Nervensystem

Die in der osteopathischen Behandlung angestrebten Prozesse der Selbstregulation können vor allem dann stattfinden, wenn Körper und Geist zur Ruhe kommen können. Daher ist es wichtig, dass Sie in einem möglichst entspannten Zustand in der Praxis eintreffen, ausreichend Zeit für die Behandlung einplanen und sich, wenn möglich, auch nach der Behandlung keine stressigen Aktivitäten vornehmen.
Dann kann das sympathische Nervensystem, das für Kampf und Flucht verantwortlich ist, seine Aktivität verringern, während das parasympathische Nervensystem, das für Entspannung und Erholung zuständig ist, besser arbeiten kann. Dadurch werden Prozesse der Regeneration und Heilung unterstützt.

"Indirekte" Techniken

Im osteopathischen Verständnis werden grundsätzlich zwei Arten von Techniken unterschieden: die "direkte" und die "indirekte" Technik.
Bei der direkten Technik wird die  dysfunktionale Körperpartie vom Therapeuten in die „richtige“ Position bewegt. Bei der indirekten Technik werden sanfte Bewegungen, die in der dysfunktionalen Körperpartie vorhanden sind, vom Therapeuten erspürt und unterstützt. Die dem zugrunde liegende Idee ist, dass der Körper des Patienten genau weiß, was er für seine Heilung braucht, aber im Moment nicht aus eigener Kraft in der Lage ist, dies umzusetzen.


Im Falle eines verspannten Muskels wäre die direkte Technik ein Aufdehnen des Muskels. Die indirekte Technik würde seine Kontraktion unterstützen und dadurch Regulationsprozesse im Nervensystem  anregen, durch die der Körper wieder in seine Balance finden kann.

Die Osteopathie verwendet sowohl direkte als auch indirekte Techniken, wobei die indirekte Technik ein wesentliches Merkmal der Osteopathie ist.

Suche nach der Ursache

Die Ursache von Beschwerden kann an anderen Stellen im Körper liegen als dort, wo die Symptome auftreten. So kann es vorkommen, dass eine schmerzende Region das letzte Glied in einer Kette von Dysfunktionen ist.
Bei der Untersuchung gilt es dann, die "primäre Dysfunktion" zu finden und dort mit der Behandlung anzusetzen.

 

Beispielsweise können taube Hände durch eine Verspannung der Halsmuskulatur verursacht werden. Dies kann dadurch geschehen, dass die Nerven, die die Versorgung der Hände sicherstellen, durch diese Verspannung komprimiert werden.
Ursache für die verspannte Halsmuskulatur kann wiederum eine Verhärtung im Bereich des Dünndarms und eine dadurch bedingte, nach vorne geneigte Körperhaltung sein, welche die Halsmuskeln belastet.
Durch die Behandlung des Dünndarms können sich die Halsmuskeln entspannen, wodurch die Nerven für die Versorgung der Hände dekomprimiert bzw. entlastet werden.

A2 Behandlugnstechniken

BEHANDLUNGSTECHNIKEN

Die Osteopathie bietet eine große Anzahl an verschiedenen Behandlungstechniken (s. u.), wobei jede Technik ihr eigenes Anwendungsgebiet und zugrundeliegendes Prinzip hat.
Das Ziel einer jeden Technik ist es, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren.

Die große Anzahl an Techniken lässt sich dadurch erklären, dass der Körper aus einer Vielzahl verschiedener Strukturen wie Muskeln, inneren Organen, Nerven usw. besteht. Diese können von verschiedenen Störungen wie Verspannungen, traumatischen Verletzungen, Stauungsproblematiken usw. betroffen sein. Für jede dieser Störungen steht eine passende Technik zur Verfügung, was es mir als Therapeuten ermöglicht, die Behandlung individuell auf die Bedürfnisse der Patient*innen abzustimmen.

Dabei können die Techniken sanft, aber auch kraftvoll sein. Obwohl ich die Osteopathie nicht pauschal als sanfte Heilmethode bezeichnen würde, habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade die sanften, feinfühlig mit dem Körper arbeitenden Techniken häufig die nachhaltigsten Heilerfolge erzielen.

Wenn ich bei einer Patientin kraftvoll die Schultermuskulatur ausstreiche und bei einem anderen Patienten die Schulter langsam und sanft bewege, dann ist das keine Willkür. Vielmehr geht es darum, die Patienten so zu behandeln, wie es ihre Körper im jeweiligen Moment brauchen.

Hier ist eine Auswahl an osteopathischen Techniken, die ich in meiner Praxis verwende:

Zitat

Wenn alle Systeme des Körpers wohl geordnet sind, herrscht Gesundheit.

A.T. Still

Bücherregale in einer Bibliothek

Strain & Counterstrain

Ursprung und Ansatz der Muskulatur werden so angenähert, dass der Muskel in eine maximale Entspannung kommt.

Pumptechniken

Organe wie zum Beispiel die Leber werden im Wechsel sanft komprimiert und wieder entspannt.

Myofasziale Release- Techniken

Ausstreichen von Muskeln, "Massage", Dehnen von Muskeln.

Fluidische Techniken

Die sanfte Ebene des Körpers wird angesprochen. Von außen ist wenig zu sehen. Es werden sanfte Impulse gesetzt oder dem Körper wird ein Ruhepol angeboten, an dem er sich neu strukturieren und selbst ausbalancieren kann.

Muskel- Energie- Techniken

Techniken, bei denen der/die Patient*in die Muskulatur aktiv in einer vorgegebenen Weise anspannt.

PBMT

"Point of Balanced Membraneous Tension": Gewebe wird so bewegt, dass die Spannung darin ausgeglichen ist und die Balance wiederhergestellt wird. Kann angewendet zwischen verschiedenen Strukturen, z. B. zwischen zwei Wirbeln, zwischen zwei Organen (z. B. Leber und Magen) oder zwischen zwei noch unverwachsenen Schädelknochen des Säuglings.

Recoil- Techniken

Körperteile werden komprimiert und ruckartig wieder losgelassen, sodass sie zurückfedern.

HVLA- Techniken

"High Velocity Low Amplitude", auch als Manipulation, Thrust oder "Einrenken" bezeichnet.

Mobilisierungstechniken

Gelenke werden so bewegt, dass sich ihr Bewegungsradius vergrößert.

Wie genau diese Techniken auf den Körper wirken, konnte die Wissenschaft bisher leider noch nicht im Detail beantworten. Häufig ist in diesem Zusammenhang jedoch von einer Verbesserung des Blut- und Lymphflusses, einer Wiederherstellung der Beweglichkeit und einer Regulation des autonomen Nervensystems die Rede.

Letztendlich ist es für mich auch weniger relevant, erklären zu können, wie die Osteopathie wirkt. Entscheidend ist vielmehr, wie sich die Behandlung auf das Wohlbefinden auswirkt und welche Methoden erforderlich sind, um Beschwerden zu lindern und Gesundheit nachhaltig zu fördern.

Zitat

Die Funktion bestimmt die Struktur. Wenn die Funktion beeinträchtigt ist, muss man die Struktur korrigieren.

W.G. Sutherland

A3 Teilgebiete der Osteopathie

TEILGEBIETE DER OSTEOPATHIE

In der Ausbildung werden aus didaktischen Gründen drei Systeme des Körpers unterschieden, nämlich parietal, viszeral und craniosacral. Die Bereiche zusammen bilden eine Einheit und stehen in Wechselwirkung miteinander. Erst wenn alle drei Bereiche gleichermaßen in die Untersuchung und Behandlung einbezogen werden, wird die Behandlung ganzheitlich und somit osteopathisch.

Osteopathische Behandlung der Schulter

Osteopathie des Bewegungsapparates
(Parieteler Bereich)

Osteopathische Behandlung des Schädels

Osteopathie des Schädels,
der Wirbelsäule und der Hirnhäute

(Craniosacraler Bereich)

Osteopathische Behandlung der Rippen

Osteopathie der inneren Organe
(Viszeraler Bereich)

A4 Geschichte der Osteopathie

GESCHICHTE DER OSTEOPATHIE

Zitat

Die Ärztin oder der Arzt muss sich nicht fragen, wie weit sie den Körper drängen können, sondern wie weit sie ihm helfen können, seine eigene Heilungsarbeit zu leisten.

Viola Frymann

Vor 140 Jahren erkannte und benannte der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828-1917) die Prinzipien, die bis heute die Grundlage der Osteopathie bilden.​

  1. Der Mensch ist eine Einheit aus Körper, Geist und Seele

  2. Der Mensch verfügt über Selbstheilungskräfte

  3. Struktur und Funktion bedingen sich gegenseitig


Laut Still müssen diese grundlegenden Prinzipien in die Behandlung mit einbezogen werden. Ebenso von zentraler Bedeutung war für ihn eine genaue Kenntnis der Anatomie, um Dysfunktionen zu erkennen und gezielt behandeln zu können. Darüber hinaus betonte er, dass eine ungehinderte Blutzirkulation und eine optimale Nervenversorgung entscheidend für die  Gesundheit des Körpers seien.

Seit Still die Prinzipien der Osteopathie formulierte, hat sich die Therapie kontinuierlich weiterentwickelt. So wurde sie durch Dr. William Garner Sutherland (1873–1954) um die Osteopathie im kranialen Bereich, also im Bereich des Schädels, der Wirbelsäule und der Hirnhäute, weiterentwickelt. Hier wird u. a. beschrieben, wie Dysfunktionen der Sinnesorgane und Beeinträchtigungen von wichtigen Hirnnerven, wie z. B. Nerven für Funktionen wie Gleichgewicht, Sehen, Hören und Schlucken behandelt werden können.

 

Eine weitere bedeutende Entwicklung war die Anwendung der osteopathischen Prinzipien auf die inneren Organe. Diese sogenannte viszerale Osteopathie wurde maßgeblich durch den Franzosen Jean-Pierre Barral (geb. 1949) geprägt. Barral betrachtet Organe als „viszerale Gelenke“, die ähnlich wie knöcherne Gelenke aus zwei oder mehreren Gelenkpartnern bestehen und über Gleitflächen verfügen. Die Beweglichkeit zwischen den „Gelenkpartnern“ sei laut Barral entscheidend für eine gute Organfunktion.

Im Jahr 1917 wurde in England die erste europäische Osteopathieschule gegründet.
1991 folgte die Eröffnung der ersten Osteopathieschule in Deutschland.

Weitere bekannte Osteopathinnen sind Viola Frymann, die durch ihre Arbeit im Bereich der Babyosteopathie Bekanntheit erlangte, sowie Jane Stark und Anne Wales.

Weitere Informationen zur Geschichte der Osteopathie finden Sie hier.

A5 Weiterführende Informationen

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN

Für zusätzliche Erklärungen klicken Sie bitte auf die folgenden Links.
Dort finden Sie Artikel, Studien und Erklärvideos.

Anatomisches Bild der Schädelknochen

Bei welchen Beschwerden kann Osteopathie helfen?

Anatomisches Bild der Lunge

Wie läuft eine Behandlung ab?

Anatomisches Bild der Wirbelsäule

Was kostet eine Behandlung?

Terminbuchung über Doctolib
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